Was ist Wasserstoffperoxid?
Viele verbinden Wasserstoffperoxid mit dem Blondieren von Haaren. Doch es kann viel mehr: Als starkes Oxidationsmittel wird die grüne Chemikalie in einer Fülle von Branchen und Industrien eingesetzt. Hier erfahren Sie, was Wasserstoffperoxid ist, wie es hergestellt wird und warum es ein nachhaltiges Produkt ist, das das Potenzial hat, weniger nachhaltige Produkte zu ersetzen.
Wasserstoffperoxid ist eine farblose, flüssige Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff mit der chemischen Formel H2O2. Die Chemikalie ist schon seit mehr als 200 Jahren bekannt, dennoch ist sie aktuell gefragt wie nie. Denn Wasserstoffperoxid ist ein vollkommen natürliches, grünes Produkt, das in der Natur, zum Beispiel im Regenwasser oder im Schnee, und sogar im menschlichen Körper vorkommt. Wenn es zerfällt, entstehen dabei lediglich Wasser und Sauerstoff, umweltschädigende Beiprodukte gibt es nicht. Diese besondere Eigenschaft macht das Wasserstoffperoxid in Zeiten eines gesteigerten Umweltbewusstseins besonders wertvoll.
Wasserstoffperoxid ist ein starkes Oxidationsmittel, das viele Menschen vor allem mit dem Blondieren von Haaren verbinden. Hierbei wird die bleichende Wirkung von Wasserstoffperoxid genutzt. Doch es kann viel mehr. Wasserstoffperoxid wirkt desinfizierend, antibakteriell und beseitigt Gerüche, weshalb es als Reinigungsmittel im Haushalt, aber auch zur Desinfektion von Wunden eingesetzt werden kann.
Besonders gefragt aber ist die vielseitige grüne Chemikalie in den unterschiedlichsten Bereichen der Industrie ‒ von der Papierindustrie über die Lebensmittel‑, Pharma- und Kosmetikbranche bis hin zur Elektronik. Auch in der (Ab-)Wasserbehandlung wird Wasserstoffperoxid zunehmend eingesetzt, als Reagenz in chemischen Synthesen und sogar als Raketentreibstoff.
Für die Industrie wird Wasserstoffperoxid in Konzentrationen von drei bis hin zu 98 Prozent hergestellt. Je nach Anwendung wird die Chemikalie entweder allein oder in Kombination mit anderen Stoffen wie zum Beispiel Eisenionen, UV-Strahlung oder Ozon eingesetzt, dann wirkt sie noch stärker.
Wie wird Wasserstoffperoxid hergestellt?
Wasserstoffperoxid wird vor allem im sogenannten Autoxidationsverfahren aus Wasserstoff und Sauerstoff hergestellt. Dreh- und Angelpunkt ist die sogenannte Arbeitslösung, in der die Reaktionen stattfinden. Das Verfahren besteht aus drei Prozessschritten: der Hydrierung, der Oxidation und der Extraktion.
Zunächst wird Wasserstoff der Arbeitslösung zugegeben und verbindet sich mit diesem Reaktionsträger. Im zweiten Schritt wird unter Druck Luftsauerstoff in die Arbeitslösung gepumpt, dabei entsteht Wasserstoffperoxid. Dieses wird unter Zugabe von Wasser anschließend extrahiert. Es entsteht eine 35- bis 50-prozentige wässrige Lösung, die dann unter anderem mithilfe von Dampf in mehreren Schritten aufbereitet werden kann.
Gut zu wissen: Die Arbeitslösung in der Anlage ist am Ende des Produktionsprozesses von Wasserstoffperoxid dieselbe wie zu Beginn. Daher kann sie theoretisch unbegrenzt genutzt werden. Damit die Reaktionen gut und sicher ablaufen, muss sie jedoch regelmäßig aufgereinigt werden. Die älteste Arbeitslösung von Evonik stammt von 1969 und wird im Werk in Antwerpen genutzt.
Warum ist Wasserstoffperoxid nachhaltig?
Wasserstoffperoxid zerfällt nach der Anwendung zu Wasser und Sauerstoff. Es entstehen also keine toxischen Neben- oder Beiprodukte, die Menschen und Umwelt schaden könnten. Diese einzigartige chemische Eigenschaft macht Wasserstoffperoxid zu einer nachhaltigen Chemikalie, die in unterschiedlichen Anwendungen andere, weniger nachhaltige Chemikalien ersetzen kann.
Wasserstoffperoxid …
- … behandelt und reinigt kommunale und Industrieabwässer ohne Einsatz von umweltschädigenden Desinfektionsmitteln.
- … bleicht Papier und Zellstoff effizient und umweltschonend und lässt sich auch ressourceneffizient beim Papierrecycling einsetzen.
- … befreit Getränkeverpackungen von Bakterien, ohne Rückstände zu hinterlassen oder die Qualität des Lebensmittels zu beeinträchtigen, und macht diese auch ohne Kühlung länger haltbar.
- … wird als Ausgangsstoff in Prozessen wie HPPO und HPPG bei der nachhaltigen Herstellung von weltweit gefragten Werkstoffen wie Propylenoxid und Propylenglykol eingesetzt.
- … trägt zum Start und künftig auch zur Navigation von Satelliten bei, die über Erdbeobachtung wertvolle Daten für nachhaltige Anwendungen auf der Erde liefern können.
- … reinigt elektronische Bauteile kosteneffizient und ohne schädliche Abfallprodukte.
- … hilft, Schaum- und Dämmstoffe ressourcenschonend herzustellen, die wiederum helfen, Energie zu sparen.
- … wird beim Recyceln von Wertstoffen verwendet, zum Beispiel bei der Rückgewinnung von Lithium aus Lithium-Ionen-Batterien.
- … kann vieles mehr.